Die Zinsen für die Baufinanzierung steigen, ebenso die Preise für Häuser und Wohnungen. Deshalb gilt es jetzt den Immobilienerwerb noch sorgfältiger zu planen. Einige der gröbsten Fehler, die dir unterlaufen können, haben wir zusammengestellt.
1. Dokumente nicht vollständig geprüft
Beim Immobilienerwerb kommt eine Dokumentenflut auf dich zu. Schon im Vorfeld, bevor du den Kaufvertrag unterschreibst, solltest du die wichtigsten Papiere überprüfen. Dazu gehören:
- Grundbuch
- Flurkarte
- Freiflächengestaltungsplan
- Energieausweis
- Baupläne
- Bauakte
- Grundriss und Schnitte
- Grundsteuerbescheide
- Bebauungsplan
Das wichtigste Dokument ist das Grundbuch. Dort findest du alle Informationen zu den Eigentümerverhältnissen. Du erfährst, welche Rechte von dritter Seite an der Immobilie bestehen. Das können Wege- oder Wohnrechte sein, ebenso eine Hypothek oder Grundschuld. Daneben sind der Energieausweis sowie die Bauakte wichtig. Dort siehst du, wie hoch der Energieverbrauch ist und welche Sanierungsmaßnahmen der vorherige Eigentümer bereits durchgeführt hat.
Liegt ein Bebauungsplan vor, solltest du als Käufer diesen vorher einsehen. Im Gegensatz zum Grundbuch sind die Bebauungspläne beim Bauamt oder dem Stadtplanungsamt der Gemeinde öffentlich zugänglich. Dort erfährst du, inwieweit in direkter Nachbarschaft weitere Bauvorhaben geplant sind.
2. Stand der energetischen Sanierung nicht berücksichtigt
Den Energiekosten kommt heute eine entscheidende Bedeutung bei der Wertermittlung von Immobilien zu. Mache dir deshalb ein Bild von der Heizungsanlage, deren Alter und dem verwendeten Brennstoff. Ebenso solltest du in Augenschein nehmen, wie das Haus gedämmt ist. Sind bereits mehrfach verglaste Fenster verbaut? Sind Maßnahmen getroffen, die die Energieeffizienz verbessern.
Bewerte den energetischen Zustand der Immobilie nicht nur nach dem Energieausweis. Die Ermittlung der Energie- und CO2-Bilanz eines Gebäudes bedarf weiterer Parameter.
Wichtige Fragen können sein:
- Welcher Energieträger wird zur Wärmeerzeugung verwendet: Gas, Öl, Fernwärme, Kraftwärmekopplung, Wärmepumpe, Holzpellets?
- Ist die Einbindung erneuerbarer Energien möglich?
- Sind digitale Thermostate verbaut?
- Ist der hydraulische Abgleich durchgeführt?
- Wann wurde der letzte Heizungscheck gemacht?
- Gibt es bereits funkablesbare Messgeräte?
- Welcher Messdienstleiter ist beauftragt und wie lange ist die Vertragsdauer?
- Wie alt sind die Heizungskomponenten: Pumpe, Kessel, Brenner, Steuerung?
3. Mietvertrag nicht geprüft
Investierst du in eine vermietete Wohnung, kommen weitere wichtige Dokumentenchecks auf dich zu. Unbedingt solltest du dir den Mietvertrag anschauen. Gibt es Sondervereinbarungen und Ablöseprotokolle zum Beispiel für eine Küche, Einbauschränke und oder andere bauliche Veränderungen an der Wohnung? Welche Art der Mieterhöhung wurde vereinbart: nach der ortsüblichen Vergleichsmiete, Staffel oder Indexmiete? Wann wurde die letzte Mieterhöhung durchgeführt?
Du kannst dir auch die letzte Nebenkostenabrechnung anschauen. Du siehst, ob der monatliche Abschlag angemessen kalkuliert ist. In der dazugehörigen Heizkostenabrechnung verschaffst du dir einen Überblick zum Energieverbrauch. In der Regel händigen die Messdienstleister zusätzlich zur Abrechnung umfangreiche Analysen des Verbrauchs aus. Leistet der Mieter hohe Nachzahlungen oder erhält er eine überdurchschnittliche Erstattung, solltest du die Ursache dafür finden. Verschaffe dir auch einen Überblick darüber, ob der Mieter regelmäßig seine Miete zahlt, er die Miete aus irgendeinem Grund gemindert hat oder ob er bereits Abmahnungen erhalten hat.
4. Keine oder unzureichende Besichtigung
Eine Zeit kam es vor, dass Investoren Wohnungen ohne Besichtigung gekauft haben. Makler berichten, dass in Metropolen wie Berlin manche ausländischen Käufer sich per WhatsApp den Zuschlag für eine Wohnung gesichert haben. Diese Praxis war schon immer riskant und scheint heute sogar fahrlässig. Gegen eine virtuelle Besichtigung einer Wohnung ist nichts einzuwenden. So können Käufer umständliche Termine mit am Ende unnützen Anfahrten vermeiden.
Bei aller Technik-Euphorie sollte man sich aber vor Augen halten: Der virtuelle Rundgang ersetzt nicht den Realitätscheck direkt vor Ort. Auch die Versprechungen aus dem Exposé oder des Maklers gilt es an der Wirklichkeit zu messen. Nicht nur sind die Ausstattung und der Zustand der Elektrik sowie der Sanitäranlagen auf Funktionsfähigkeit zu prüfen. Auch die Lage des Objekts, dessen Anbindungen an den öffentlichen Personennahverkehr, Einkaufsmöglichkeiten und Arztpraxen sowie das Freizeitangebot beurteilt man am besten nicht nur anhand von Google Maps. Das Exposé mit schönen Worten und Bildern ist vor allem ein Verkaufsinstrument, mit dessen Hilfe der Verkäufer einen guten Preis erzielen möchte. Schau ein wenig hinter die Kulissen. Der persönliche Eindruck ist eine Instanz, die am Ende jenseits aller Versprechungen viel Aussagekraft besitzt.
5. Verwalter und WEG nicht kennengelernt
Beim Kauf einer Eigentumswohnung wird der Käufer unweigerlich Mitglied in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Auch für die WEG gibt es zahlreiche Dokumente, die du kennen solltest:
- Teilungserklärung mit Ausweis von Sonder- und Gemeinschaftseigentum
- Verwaltervertrag
- Protokolle der Eigentümerversammlungen
- Nebenkosten- und Hausgeldabrechnungen der letzten Jahre
- Gemeinschaftsordnung der Eigentümergemeinschaft
- Höhe der Instandhaltungsrücklage
- Wirtschaftsplan der WEG
- Wartungsnachweise
Die Teilungserklärung ist das wichtigste Dokument zur Eigentümerstruktur. Schaue dir an, wie das Gemeinschaftseigentum und das Sondereigentum aufgeteilt sind. Daraus ergeben sich wie Gartenanteile, Terrassen, Stellplätze, etc. zugeordnet sind. Du erfährst auch, wo weitere Kosten anfallen können, die du als Eigentümer mitzutragen hast.
Um die Belange einer WEG kümmert sich in der Regel ein Verwalter. Dessen Vertrag regelt die Aufgaben, die dieser in der Hausverwaltung übernimmt. Den Hausverwalter persönlich kennenzulernen, bevor du eine Kaufentscheidung triffst, ist von Vorteil.
Wichtig ist es, den Wirtschaftsplan der WEG einzusehen. Ein Blick in die vergangenen drei oder vier Protokolle der Eigentümerversammlung verschafft dir ein Bild davon, wie die Stimmung unter den bestehenden Besitzern ist. Du erfährst auch, welche Sanierungen anstehen und welche Investitionen in der Vergangenheit getätigt wurden.
6. Bewertung und Kosten rund um das Immobilieninvestment falsch eingeschätzt
Der Immobilienkauf stellt für die meisten Menschen die größte Investition in ihrem Leben dar. Ein Abgleich des Kaufpreises mit der Bewertung der Immobilie ist deshalb erforderlich. Gute Hinweise liefert dabei die Bewertungstools auf Vermietet.de und immoScout24. Damit lassen sich ebenfalls die Immobilien der unmittelbaren Nachbarschaft oder innerhalb eines Stadtviertels bewerten.
Die Tools basieren auf den Daten und der Software von Sprengnetter, dem Marktführer für digitale Wertermittlung von Immobilien. Die meisten Banken benutzen bei der Kreditvergabe ebenfalls die Sprengnetter Software. Diese Art der Wertermittlung liefert bereits präzise Daten, ersetzt aber keinen öffentlich bestellten und vereidigten Gutachter. Dieser ermittelt anhand von Lage, Zustand und Ausstattung den genauen Verkehrswert der Immobilie. Auf der Grundlage eines solchen Gutachtens werden Rechts- oder Erbstreitigkeiten verhandelt.
Häufig unterschätzen Käufer, dass neben dem reinen Kaufpreis noch hohe Kaufnebenkosten anfallen. Die größte Posten sind die Grunderwerbssteuer, die Kosten für den Makler sowie den Notar. Auch wenn die Immobilie vermietet wird, kommen noch weitere Kosten hinzu. Dazu gehören neben Reparaturen, Sanierung und Wartung, Versicherungen wie Rechtsschutz oder gegen Mietausfall, ebenso Anschaffungen, etwa Werkzeug oder der Rasenmäher für die Gartenpflege. Deshalb sollte man als Käufer nie sein gesamtes Budget für den Kauf einsetzen. Die Rücklage ist beim Immobilieninvestment anders als bei Wertpapieren eine wichtige Größe und bewahrt vor finanzieller Überforderung.
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