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Die Zinswende ist da: Sind die Goldenen Zeiten für Immobilieninvestoren vorbei?

Hohe Inflation, unbezahlbar werdende Preise bei Grundstücken und Baustoffen und nun auch noch steigende Zinsen. Ist das Ende des Immobilienbooms gekommen?

Der Twitter Account des Immobilieninstituts empirica bietet für Beobachter und Akteure der Immobilienwirtschaft immer einen großen Unterhaltungswert. Ein kürzlich versendeter Tweet lautet:

Old Economy: #Lage #Lage #Lage
New Monetary Economy: #Zinsen #Zinsen #Zinsen

Die Kurznachricht bringt die Situation auf den Punkt. Der mittlerweile ungewöhnlich langanhaltende Immobilienboom ist getrieben von den historischen Tiefstständen der Zinsen. Als Folge der Eurokrise im Jahr 2009 senkte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins bis zum März 2016 auf null Prozent. Bis heute hat sich daran nichts geändert.

Die Folge der ungewöhnlich günstigen Bedingungen für die Finanzierung war eine endlose Rallye bei den Kaufpreisen. Manch ein Investor kennt nichts anderes als die steigendende Wertentwicklung seiner Immobilien. Doch selbst bei den größten Optimisten macht sich seit einiger Zeit ein Unbehagen breit: Jeder Zyklus kommt bekanntlich an sein Ende.

EZB bleibt bei ihrer Geldpolitik

Bei den Prognosen für 2022 waren sich die meisten Experten einig: Das Ende des Booms ist nahe, aber mindestens auf 2023 verschoben. Vor allem die Ankündigungen der Europäischen Zentralbank nahmen viele der professionellen Marktbeobachter zum Anlass für gemäßigte Prognosen. Christine Lagarde versicherte immer wieder bei ihren öffentlichen Aufritten, sie wolle an der lockeren Geldpolitik festhalten, koste was es wolle. Die EZB Chefin begründete ihre Politik damit, dass die europäische Wirtschaft wegen der Corona Pandemie und der Überschuldung vieler Länder weiter Unterstützung brauche.

Preistreiber Inflation

Nun sind viele Experten überrascht. Die Inflation steigt rasant. Im Euroraum beträgt die Teuerungsrate 5,1 Prozent, in Deutschland 4,9 Prozent. Preistreiber sind unter anderem die hohen Energiekosten. Die EZB hat sich zum Ziel gesetzt, die Inflation stabil bei 2 Prozent zu halten. EZB-Direktorin Isabel Schnabel hat gegenüber der Presse signalisiert, dass dieses Ziel bis zum Ende des Jahres nicht mehr zu erreichen ist.

Märkte reagieren

So scheinen konkrete Schritte der EZB nur noch eine Frage der Zeit: „Wir rechnen im September 2022 mit einem Stopp der EZB-Anleiheankäufe“, erläuterte Jens Wilhelm, Vorstand der Union Asset Management Holding AG. „Nach elfeinhalb Jahren dürfte es im Dezember so weit sein, dass im Euroraum der Leitzins wieder steigt.“

Die Banken haben reagiert und nehmen die Erhöhung des Leitzinses vorweg. Das Onlineportal Check24 vermeldet: Im Dezember 2021 zahlten Kunden im Schnitt 1,12 Prozent effektiv für Baudarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung. Das bedeutet einen Zuwachs von 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. „Die Baufinanzierungszinsen erreichen das Vor-Corona-Niveau“, sagt Ingo Foitzik, Geschäftsführer Baufinanzierung bei CHECK24. „Die Inflation steigt und die Europäische Zentralbank steht unter Druck, den Leitzins anheben zu müssen. Deshalb reagieren Banken schon jetzt mit unterschiedlichen Anpassungen der Zinskonditionen bei Immobilienfinanzierungen.“

BaFin fordert Kaitalpuffer für Banken

Ein vielfach beachtetes Signal hat die Aufsichtsbehörde für Banken BaFin gesetzt. Wegen der stark gestiegenen Immobilienpreise und der damit verbundenen Blasengefahr sollen Banken sich mit einem Kapitalpuffer besser gegen Kreditausfälle absichern. Das Geld, was die Banken für diese Auflage benötigen, müssen sie mit höheren Zinsen erwirtschaften.

Nur wenig Spielraum für drastische Zinswende

Einige Experten glauben, dass der Kurzwechsel bei den Zinsen kommt, aber gemäßigt ausfallen wird. Die Fachleute verweisen dabei auf die Europäische Zentralbank, deren Möglichkeiten den Leitzins anzuheben begrenzt sind. „Dennoch ist zu erwarten, dass die EZB weiterhin keine stark steigenden Marktzinsen tolerieren wird, welche die Refinanzierungsbedingungen von Unternehmen und Staaten deutlich verschlechtern würden“, heißt es in dem gerade veröffentlichten Frühjahrsgutachten des Rats der Immobilienweisen, der auch die Bundesregierung berät.

Auch Michael Neumann vom Baufinanzierungsportal Dr. Klein hält Zinssprünge für unwahrscheinlich. Neumann glaubt nicht, dass EZB-Chefin Christine Lagarde dem Vorbild ihres amerikanischen Amtskollegen folgt. „Die EZB hat nicht den Spielraum der Fed. In den USA brummt die Konjunktur, die Beschäftigung ist sehr hoch und ungefähr auf dem Niveau vor der Pandemie.“

In den USA herrscht nahezu Vollbeschäftigung, die Wirtschaft braucht deshalb keine zusätzliche Unterstützung durch die Geldpolitik. Diese kann sich ganz darauf konzentrieren, Maßnahmen gegen die Inflation zu ergreifen. Insgesamt fünf Zinsschritte hat die Fed für dieses Jahr bereits angekündigt. „In Europa haben wir komplett andere Rahmenbedingungen: Hier muss die EZB einerseits eine übermäßige Inflation verhindern, gleichzeitig aber auch eine Schuldenkrise durch überlastete Staaten vermeiden“, meint Neumann.

Historisch betrachtet bleiben die Zinsen günstig

Wenn die Zinsen derzeit steigen, dann von einem Niveau, was zeitweise gegen Null ging. Der Bestzins für ein Darlehen mit zehn Jahren Zinsbindung fiel im Jahr 2020 auf 0,41 Prozent. Um diese Situation als absolute Ausnahme zu bewerten, braucht man keinen Finanzexperten. Anleger müssen nun bei der Finanzierung ihrer Bau- oder Kaufvorhaben tiefer in die Tasche greifen. Betrachtet man das Zinsniveau über einen historisch langen Zeitraum, bleiben sie immer noch günstig.

Niedrige Zinsen langfristig sichern

Wer jetzt investieren will, sollte sich deshalb die immer noch niedrigen Zinsen langfristig sichern. Baufinanzierer Dr. Klein empfiehlt dazu folgende Strategie:

  • hohe Tilgung gleich zu Beginn der Finanzierung wählen, lange Zinsbindung über zehn Jahre hinaus;
  • Forward-Darlehn, um sich die Anschlussfinanzierung zu sichern;
  • mit einem Volltilgungsdarlehen den Zins über die gesamte Finanzierung sichern;
  • mit einem Bausparvertrag günstige Zinsen langfristig sichern.

Fixierung auf Zinsen vermeiden

Anleger sollten sich bei der Finanzierung ihres Vorhabens grundsätzlich nicht komplett von der Zinssituation abhängig machen. Die Anlage in Immobilien ist komplex. Nicht die Zinsen, sondern viele weitere ökonomische Faktoren entscheiden über den Erfolg eines Invests. So ist heute zum Beispiel die Energie- und CO2 Bilanz ein entscheidendes Kriterium für den Werterhalt und die Wertsteigerung von Immobilien. Selbstverständlich hat die Lage als Bewertungskriterium auch in Zeiten des finanzmarktgetriebenen Wirtschaften noch lange nicht ausgedient.