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Bundesrat stärkt kommunales Vorkaufsrecht

Headerbild: © Bundesrat | Frank Bräuer

Das kommunale Vorkaufsrecht in Gebieten mit angespannter Marktlage ist seit einem Urteil im letzten Jahr kaum noch anzuwenden. Nun haben die Länder Berlin, Bremen und Hamburg im Bundesrat eine Initiative eingebracht, um dieses Instrument zur Regulierung des Wohnungsmarktes zu stärken. 

Florian Schmidt ist seit Dezember 2016 Bezirksstadtrat für Bauen, Planen und Facility Management im Berliner Stadtteil Berlin Friedrichshain-Kreuzberg. Schmidt ist Mitglied von Bündnis90/Die Grünen und Autor des Buches „Wir holen uns die Stadt zurück“. Bei den Haus- und Grundbesitzerorganisationen sowie vielen privaten Wohnungsunternehmen gilt der Berliner Bezirkspolitiker als Schreckgespenst.

Kommunales Vorkaufsrecht als Instrument gegen Verdrängung und Mieterhöhung

Der Stadtrat betreibt eine offensive Politik zum Schutz der Mieter gegen Mieterhöhung sowie Verdrängung. Zu Schmidts bevorzugten und schärfsten Instrumenten gehört insbesondere das kommunale Vorkaufsrecht. Damit möchte die Politik in Milieuschutzgebieten die Verdrängung der Bewohner durch Sanierung und Mieterhöhungen verhindern. In Berlin sicherte Investorenschreck Schmidt bereits elfmal kommunalen Unternehmen bei Immobilienverkäufen das Vorkaufsrecht.

Allerdings stieß Schmidt auch auf Widerstand. Im Jahr 2017 wollte ein Eigentümer ein Gebäude mit 20 Mietwohnungen und zwei Gewerbeeinheiten für drei Millionen Euro an eine Immobilienfirma verkaufen. Schmidt schritt ein und forderte für die städtische Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) das Vorkaufsrecht.

Die Immobilienfirma ließ sich in diesem Fall vom forschen Vorstoß des Bezirksfürsten nicht erschrecken und zog furchtlos vor Gericht. Zunächst sah es dabei nicht gut aus. Das Verwaltungsgericht (13 K 724.17; 17. Mai 2018) und auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (10 B 9.18; 22. Oktober 2019) schmetterten die Klage ab. Die Richter ließen aber eine Revision zu, da sie die Angelegenheit vor dem Hintergrund der angespannten Lage auf den Wohnungsmärkten für äußerst wichtig hielten.

Urteil macht kommunales Vorkaufsrecht wirkungslos

So landete der Fall beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dort kamen die Richter in ihrem Urteil zu der entgegengesetzten Ansicht und erklärten die Ausübung des Vorkaufsrechts im Berliner Chamisso Kiez für rechtswidrig (BVerwG 4 C 1.20 – Urteil vom 09. November 2021).

Wie schon beim Versuch einen Mietendeckel einzuführen, war Berlin erneut mit einem wenig vorbereiteten Vorstoß zur Regulierung des Mietmarktes krachend gescheitert. Das Echo sowohl in den klassischen sowie den sozialen Medien war riesig. Je nach politischer Ausrichtung gab es Stimmen, die von einer Katastrophe für Mieter sprachen. Groß war die Häme für die wiederholte Totalblamage des Rot-Rot-Grünen Senats in Berlin.

Das Urteil aus Leipzig lässt nun eine rechtssichere Umsetzung des Vorkaufs kaum noch zu. „Das Vorkaufsrecht ist auf 99 Prozent der aktuellen Fälle nicht mehr anwendbar“, meinte der Berliner Bausenator Sebastian Scheel gegenüber dem Berliner Tagesspiegel.

Debatte um das kommunale Vorkaufsrecht wird neu eröffnet

Die Debatte um das kommunale Vorkaufsrecht als einschneidendes Instrument der Mietmarktregulierung ist damit aber nicht vom Tisch. Länder wie Bayern oder Hamburg praktizieren den Vorkauf in Milieuschutzgebieten seit vielen Jahren. Sie sichern sich damit ein wirksames Mittel gegen die Verdrängung der Bewohner aus ihren Wohnungen. Die Länder haben aus diesem Grund ein großes Interesse, künftig das Vorkaufsrecht weiter effektiv und rechtssicher ausüben zu können.

Am 8. April 2022 fasste deshalb der Bundesrat auf Initiative der Landesregierungen in Berlin, Hamburg und Bremen einen Entschluss, das kommunale Vorkaufsrecht zum Erhalt bezahlbaren Wohnraums zu stärken. Der Entschluss richtet sich an die Bundesregierung, die schnellstmöglich eine Änderung des Baugesetzbuches im Parlament auf den Weg bringen soll.

Das Baugesetzbuch ist juristisch gesehen mit den Paragrafen § 24 und § 26 für das kommunale Vorkaufsrecht zuständig und klärt die Anwendung in Milieuschutzgebieten. § 26 nennt die Fälle, in denen das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden darf.

Mit der Änderung des Baugesetzbuches wollen die Länder das Vorkaufsrecht rechtlich absichern. Franziska Giffey, die regierende Bürgermeisterin von Berlin, begrüßt die Initiative: „Ich freue mich, dass der Bundesrat unserer Initiative gefolgt ist. Die Frage des Vorkaufsrechts ist deutschlandweit von Bedeutung, weil es ein wichtiges Instrument ist, um Mieterinnen und Mieter vor überhöhten Mietpreisen wirksam zu schützen. Damit könnten wir auch spekulativen Immobiliengeschäften vorbeugen, deren Kosten oftmals die Mieterinnen und Mieter zahlen.”

Bundesregierung soll Plan für mehr Marktregulierung umsetzen

Einen genauen Zeitplan zum Fortgang der Gesetzesinitiative gibt es noch nicht. Ein Veto gegen die Marktregulierung kam bislang nur aus Bayern, obwohl die Stadt München das Vorkaufsrecht seit vielen Jahren ebenfalls anwendet.

Widerstand gegen die weitreichenden Pläne kommt derzeit nur aus der FDP. Die Freien Demokraten verweisen auf den Koalitionsvertrag, in dem vereinbart wurde, eine Ausweitung des kommunalen Vorkaufsrechts erst zu prüfen. Vorab sei unter anderem zu klären, ob die Kommunen mit Immobilienkäufen nicht finanziell überfordert werden. Die Kassen vieler Gemeinden, insbesondere die von Berlin, sind bekanntlich leer. Aufgrund der enormen Preissteigerung bei Immobilien wäre wahrscheinlich der Neubau günstiger.

Kein wirksames Instrument gegen die Wohnungsnot

Vor allem wird durch den teuren Ankauf einiger weniger Gebäude ein Teil der Mieterschaft privilegiert. In Berlin zum Beispiel war das oft die betuchte Klientel in den teuren Szenevierteln. Sozial schwache Mieter bleiben dabei auf der Strecke. Für die Wohnungsnot bedeutet diese Praxis am Ende nur ein winziger Tropfen auf einen dampfend heißen Stein.

Man darf davon ausgehen, dass der Widerstand der FDP nicht viel ausrichten wird. Die Regierungskoalition ist in der Mehrheit mieterfreundlich gestimmt. Die Politik wird sich dieses wirksame Instrument nicht nehmen lassen, um aktiv und folgenschwer in den Mietmarkt einzugreifen. Der Fortgang des Verfahrens ist deshalb für alle Akteure auf den Wohnungsmärkten von großer Bedeutung.