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Neue Kostenwelle für Eigentümer: EU-Forderung nach Mindeststandards für Gebäude

Das EU-Parlament dringt auf die Umsetzung der geplanten Sanierungspflicht für Gebäude mit besonders schlechten Energiewerten. Immobilienexperten halten das Vorhaben für realitätsfern und fürchten den Ruin privater Eigentümer.

Die Politik hat ehrgeizige Pläne, die Gebäudewirtschaft als einen der größten Energieverbraucher und Verursacher von CO2 Emissionen in die Pflicht zunehmen. Ziel ist es, bis zum Jahr 2050 alle Gebäude in der EU zu dekarbonisieren. Entscheidend werden dabei die Jahre bis 2030 sein. In dieser Zeit soll der Weg geebnet sein, den Energieverbrauch von Wohnungen und Häusern deutlich zu senken und klimafreundliche Quellen für die Erzeugung von Strom und Wärme zu nutzen.

Sanierungsquote derzeit nur rund ein Prozent

Derzeit scheinen die Klimaziele in weite Ferne gerückt. Die Modernisierungsrate bestehender Gebäude beträgt in Deutschland momentan nur etwas mehr als ein Prozent. Die EU hat deswegen bereits 2021 Pläne ausgearbeitet, energetische Mindeststandards für Gebäude vorzuschreiben. Der EU-Rat hat nun Anfang Februar 2023 den Druck auf das Parlament verstärkt und fordert die sogenannten MEPS (Minimum Energy Performance Standards) umgehend gesetzlich zu verankern. Politikbeobachter erwarten, dass bereits im Sommer das Parlament das Gesetz zur Einführung der Mindeststandards verabschieden könnte.

MEPS (Minimum Energy Performance Standards):

„Damit wird der planwirtschaftliche und für alle ungeheuer teure und ineffiziente Weg Richtung Klimaneutralität zementiert.“

Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund,

EU-weit einheitliche Mindeststandards für Energieeffizienz

Konkret soll mit den MEPS ein EU-weit vereinheitliches Effiziensklassensystem von A – G geschaffen werden. 15 Prozent der Gebäude mit den schlechtesten Energieklassen eines Landes sollen in die Energieklasse G eingeordnet werden. Feste Werte für die Energieklassen gibt es keine. So sollen die Gebäudeklassen untereinander in den Ländern vergleichbar bleiben. Ziel ist es, bis 2030 alle Gebäude auf die Energieklasse E zu optimieren, bis 2033 sollen sämtliche Häuser mindestens der Energieklasse D angehören. Nichtwohngebäude und Gebäude der öffentlichen Hand sollen diese Ziele bereits ab 2026 erreichen. Ab dem Jahr 2028 sollen außerdem alle Neubauten nur noch als Nullemissionsgebäude errichtet werden. Ebenso soll es eine Solarpflicht für Neubauten bis 2028 geben. Bei Bestandsgebäuden sollen diese Pflicht ab 2032 gelten.

Erfahrungen mit MEPS

Verschiedene Länder haben bereits MEPS eingeführt. So müssen in den Niederlanden 2023 Bürogebäude eine Energieeffizienzklasse C vorweisen können. Mietwohnungen in Schottland müssen ab 2020 eine Energieeffizienzklasse E und ab 2022 Klasse D vorweisen, wenn ein Mietvertrag geändert wird. 2025 soll das für alle Mietobjekte in Schottland gelten. In der Stadt Boulder, Colorado (USA), haben die Behörden Richtlinien zur Festlegung von Energieeffizienzstandards für Mietwohnungen schon im Jahr 2010 eingeführt. Bereits sechs Monate nach der Frist konnte eine Erfüllungsquote von über 99 Prozent nachgewiesen werden. Mittel zur Umsetzung waren die Einführung einer Vermietungslizenz. Konnten Eigentümer den Energiestandard nicht einhalten, hatte das Bußgeld oder den Verlust der Lizenz zur Folge.

Immobilienbranche fürchtet Sanierungszwang und Wertverlust

Setzen sich die Vorhaben für die Einführung von MEPS durch, käme das nach Ansicht der Interessenvertreter der Gebäudewirtschaft einem Sanierungszwang gleich. Nach Ansicht des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. wären rund 45 Prozent der Gebäude in Deutschland betroffen. Der GdW spricht von einer Investitionssumme von 125 Milliarden bis 182 Milliarden, die die Immobilienwirtschaft wird stemmen müssen.

Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund, nimmt die privaten Eigentümer in den Blick. Der Präsident spricht von 40 Prozent der Einfamilienhäuser sowie 15 Prozent der Mehrfamilienhäuser, die von den neuen Mindeststandards für Gebäude betroffen wären. Warnecke warnt vor der „größten Vernichtung von Immobilienwerten seit dem Zweiten Weltkrieg und ein Verlust der Altersvorsorge für Millionen von Eigentümerinnen und Eigentümern.“

Alternativ schlägt Warnecke vor, den Gebäudesektor in den europäischen Handel mit CO2-Emissionszertifikaten zu integrieren. „Die Einnahmen aus dem Zertifikatehandel müssen dann auch in Form eines Klimageldes an die Bürger zurückgegeben werden. Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, dass die EU mit dem bestehenden Emissionshandel ein funktionierendes System in den Händen hält und es nicht konsequent nutzt“.

Keine weitere Belastung für Mieter gefordert

Die Politik hat den ausdrücklichen Wunsch geäußert, die Mieter durch die Einführung der Mindeststandards von Gebäuden nicht zu belasten. Wer am Ende die riesigen Summen für die Transformation des Gebäudesektors aufbringen soll, bleibt offen. Die EU knüpft die Einführung von MEPS ausdrücklich an die Einführung eines umfangreichen Förderungsprogramms für Eigentümer. Bei dem jetzt vorliegenden Gesetzesentwurf sind zahlreiche Ausnahmen vorgesehen, was Umweltverbände heftig kritisieren. Die Lobbyisten werden in den nächsten Monaten versuchen, ihre Interessen bei der Ausformulierung des Gesetzes durchzusetzen.

„Um unabhängiger von Erdgasimporten zu werden, ist ein Zusammenspiel zweier Faktoren notwendig: Der Energieverbrauch im Gebäudesektor muss entscheidend gesenkt und die dann noch benötigte Energie aus erneuerbaren Quellen bezogen werden. Wir brauchen jetzt mehr denn je realitätsnahe, schnell umsetzbare Konzepte statt hochgeschraubter Ideen und technisch überfrachteter Anforderungen, die sich weder Gebäudeeigentümer noch Mieter leisten können.“

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW

Frühzeitig einen individuellen Sanierungsplan erstellen

Dass die Zukunft CO2 neutral sein wird, daran besteht kein Zweifel. Auch die privaten Immobilieneigentümer werden sich darauf einstellen müssen. Die energetische Modernisierung wird sehr viel Geld kosten, bietet aber auch Chancen. Schon jetzt erleben schlecht sanierte Gebäude einen enormen Wertverfall. Wer rechtzeitig handelt, der macht seine Immobilien fit für die Zukunft. Anna Schürmann, vom Beratungsunternehmen Ernst & Young, meint: „Dementsprechend sind Immobilienbesitzer aufgerufen, sich frühzeitig mit der Ist-Situation ihres Immobilienportfolios auseinanderzusetzen, um Strafzahlungen und „Stranded Assets” zu vermeiden.“

Für Eigentümer wird es wichtig werden, einen individuellen Sanierungsfahrplan zu erstellen. Dieser wird derzeit als Einzelmaßnahme vom BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) gefördert. Zusätzlich gibt es Pläne der Grünen, eine Sprinterprämie einzuführen für Eigentümer, die ihre Gebäude schnell sanieren und den Energieverbrauch senken.