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Gewohnheitsmäßiges Wegerecht ist haltlos

Wer in urbanen Gebieten bauen möchte, der muss aufgrund der Verdichtung von Wohngebieten nicht selten ein Wegerecht in Kauf nehmen. Doch die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) stellten nun fest, dass ein Wegerecht zweier Grundstücksnachbarn nicht aufgrund Gewohnheitsrechts durch eine Gewohnheit entstehen kann. 

Der Fall

Die Kläger sind Eigentümer dreier nebeneinander an einer öffentlichen Straße liegender Grundstücke, die mit drei aneinandergrenzenden Häusern bebaut sind. Im rückwärtigen Teil dieser Grundstücke befinden sich Garagen, die baurechtlich nicht genehmigt sind. Die Beklagte ist Eigentümerin von Grundstücken, auf denen sich ein Weg befindet, über den die Kläger die Garagen und die rückwärtigen Bereiche ihrer vorne über die Straße erschlossenen Grundstücke erreichen. Eine Nutzung des Weges wurde seit Jahrzehnten durch frühere Eigentümer der Grundstücke und nach dem Eigentumsübergang auf die Beklagte durch diese selbst geduldet. Mit Wirkung zum 31. Dezember 2016 erklärte die Beklagte gegenüber den Klägern die „Kündigung des Leihvertrages über das vor über 30 Jahren bestellte, schuldrechtliche Wegerecht“. Sie kündigte an, den Weg zu sperren und begann mit dem Bau einer Toranlage. Die Kläger, die sich auf ein zu ihren Gunsten bestehendes Wegerecht, hilfsweise auf ein Notwegerecht berufen, verlangten von der Beklagten, die Sperrung des Weges zu unterlassen.

Kein Gewohneitsrecht

Der Bundesgerichtshof führte im Rahmen seiner Urteilsfindung aus, dass sich die Kläger nicht auf ein Gewohnheitsrecht berufen könnten. Dieses könne als dem Gesetz gleichwertige Rechtsquelle allgemeiner Art nur zwischen einer Vielzahl von Rechtsindividuen und in Bezug auf eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen entstehen, nicht aber beschränkt auf ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn. In einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn könne ein Wegerecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch außerhalb des Grundbuchs nur aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung oder als Notwegrecht unter den Voraussetzungen des § 917 BGB entstehen, nicht aber durch eine – sei es auch jahrzehntelange – Übung unter Grundstücksnachbarn.

Notwegerecht

Den Beklagten könnte allenfalls ein Notwegerecht zustehen. Dies wäre der Fall, wenn die ordnungsmäßige Benutzung ihrer Grundstücke eine Zufahrt über die Grundstücke der Beklagten erforderlich machen würde. Soweit die Grundstücke nur zu Wohnzwecken genutzt würden, müsste ein Notwegerecht allerdings schon deshalb ausscheiden, weil die im hinteren Bereich der Grundstücke der Kläger befindlichen Garagen baurechtlich nicht genehmigt und mangels Erschließung auch nicht genehmigungsfähig seien. 

Lediglich bei gewerblicher Nutzung kommt ein Notwegerecht hingegen in Betracht, da bei einem Gewerbegrundstück etwa Be- und Entladevorgänge sowie das Abstellen von Kraftfahrzeugen auf dem verbindungslosen Grundstücksteil für die ordnungsmäßige Benutzung erforderlich seien und damit für diesen Teil eine Zufahrt erforderlich machen könnten. Für die konkrete Entscheidung wurde an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. 

Urteil des BGH vom 24.01.2020, Az. V ZR 155/18