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BGH: Verwalter-Aufgaben bei baulichen Veränderungen

Bei der Planung von baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums steht der Verwalter nicht selten im Zentrum der Kritik. Der Bundesgerichtshof entschied nun über die Haftbarkeit des Verwalters bei Verkündung kritischer Beschlüsse mit fehlenden Zustimmungen der Eigentümer. 

Im konkreten Fall hatten die Wohnungseigentümer einer Teileigentümerin erlaubt, den Umbau ihres Einkaufszentrums vorzunehmen. Der Eigentümer, der durch diese Umbaumaßnahmen einen erheblichen Nachteil erlitt, ist gegen diesen Beschluss mit Anfechtungsklage erfolgreich vorgegangen. Mit dem jetzt entschiedenen Verfahren versuchte dieser betroffene Eigentümer allerdings erfolglos, vom Verwalter die ihm entstandenen Kosten als Schadensersatz zurück zu verlangen. Als Begründung wurde angeführt, der Verwalter hätte den Beschluss nicht verkünden dürfen. Der Bundesgerichtshof sieht allerdings keine Verletzung von Pflichten aus dem Verwaltervertag.

Zwar sei der Beschluss, mit dem die bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums genehmigt wurde, rechtswidrig. Bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums könnten jedoch beschlossen werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimme, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt würden. Dieser Beschluss könne jedoch auch mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Daneben müsse aber die Zustimmung derjenigen Eigentümer vorliegen, dessen Rechte beeinträchtigt würden. Werde ein solcher Genehmigungsbeschluss trotz fehlender Zustimmung verkündet, sei er zwar nicht nichtig, aber er könne in einem Beschlussanfechtungsverfahren für ungültig erklärt werden.

Die Verkündung des Ergebnisses durch den Verwalter habe konstituierende und inhaltsfixierende Bedeutung. Es handele sich um eine Voraussetzung für das rechtswirksame Zustandekommen eines Beschlusses. Der Verwalter müsse die Wohnungseigentümer belehren, wer dem Beschluss zustimmen muss und was gilt, wenn Zustimmungen fehlen. Setzen sich die  Wohnungseigentümer aber über diese Belehrungen hinweg oder liegt ein nicht offensichtlicher Rechtsirrtum vor, trifft den Verwalter kein Verschulden.

Darf der Verwalter also einen positiven Beschluss über eine bauliche Veränderung verkünden, wenn zwar die einfache Stimmenmehrheit erreicht sei, aber die erforderliche Zustimmung einzelner nachteilig betroffener Wohnungseigentümer fehle? Dies hat der Bundesgerichtshof bejaht. Doch vor der Abstimmung über eine Maßnahme müsse der Verwalter die Eigentümerversammlung nicht nur allgemein, sondern konkret darüber informieren, ob aus seiner Sicht einzelne Wohnungseigentümer ihre Zustimmung erteilen müssen; auf ein bestehendes Anfechtungsrisiko müsse er hinweisen.  

Kläre der Verwalter die Eigentümerversammlung vor einer Beschlussfassung nicht in gebotener Weise über ein bestehendes Zustimmungserfordernis auf, handle er pflichtwidrig. Einen Rechtsirrtum habe er aber nur dann zu vertreten, wenn seine Einschätzung offenkundig falsch ist.

Verwalter ist kein Aufsichtsorgan

Die interne Willensbildung sei Sache der Wohnungseigentümer. Sie seien verantwortlich für den Inhalt des gefassten Beschlusses und dürften das Risiko der Anfechtung bewusst eingehen. Hierfür könne es auch nachvollziehbare Gründe geben, insbesondere dann, wenn einzelne Wohnungseigentümer, deren Zustimmung erforderlich sei, zu der Eigentümerversammlung nicht erscheinen würden. 

Der Versammlungsleiter sei nicht Aufsichtsorgan der Wohnungseigentümer. Er müsse die erfolgte Abstimmung respektieren und dürfe sich über die mehrheitliche Willensbildung nicht hinwegsetzen, wenn deren Ergebnis ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche. 

Habe der Verwalter jedoch Bedenken gegen die Verkündung eines auf eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums gerichteten Beschlusses, bei dem die Zustimmung nachteilig betroffener Parteien fehle, so sei er nicht zur Verkündung eines  Negativbeschlusses berechtigt.

Vielmehr könne er, statt das Zustandekommen des Beschlusses zu verkünden, eine Weisung der Wohnungseigentümer im Wege eines Geschäftsordnungsbeschlusses einholen. Es sei dann Sache der Wohnungseigentümer, darüber zu entscheiden, ob sie den Verwalter in Bestätigung der vorangegangenen Willensbildung anweisen, einen positiven Beschluss zu verkünden, oder ob sie wegen des Anfechtungsrisikos die Anweisung erteilen, von der Verkündung Abstand zu nehmen. 

Bundesgerichtshof, Urteil V ZR 141/19 vom 29.05.2020