An allen Immobilien muss im Laufe der Zeit gebaut werden – sei es wegen einer Modernisierung, Reparatur oder zum Erhalt der Bausubstanz. Mit den Bauarbeiten geht meist Lärm einher, durch welchen sich die Anwohner gestört fühlen können. Zwar müssen notwendige Baumaßnahmen von den Mietern bis zu einem gewissen Grad geduldet werden, doch es gibt berechtigte Gründe, die eine Mietminderung geltend machen.
Die Bauträger sind nach dem Immissionsschutzgesetz dazu angehalten, den Baulärm so gering wie möglich zu halten. Innerhalb von Wohngebieten darf die Grenze von 55 Dezibel nicht überschritten werden. Die Realität sieht meist anders aus.
Was zählt zum Baulärm?
In der Regel wird der Lärm einer gewerblichen Baustelle als Baulärm bezeichnet. Daneben sind jene Geräusche einzuordnen, die innerhalb eines Wohnhauses durch dessen Ausbau, Reparatur oder energetische Sanierung entstehen. Hierzu zählen beispielsweise:
- Lärm, der durch einen Bagger verursacht wird;
- Abrissarbeiten und die damit einhergehenden Erschütterungen;
- der Abtransport von Schutt über eine Schüttrutsche;
- Geräusche, die durch einen Presslufthammer entstehen sowie
- das langanhaltende Hämmern bei Bauarbeiten im oder am Haus.
HINWEIS: Wenn der Nachbar einer Mietswohnung Heimwerkertätigkeiten erledigt, zählt dies nicht als Baulärm. Solche Tätigkeiten können dementsprechend nicht als Begründung für eine Mietminderung aufgeführt werden.
Welche Regelungen gibt es?
Lärm – vor allem, wenn dieser andauernd ist – führt zu einer Dauerbelastung und kann sogar gesundheitsschädliche Auswirkungen haben. Aus diesem Grund gibt es einige Regelungen zum Baulärm:
- Emissionsschutz: Mit dem Emissionsschutz werden der Lärmausstoß sowie der Immissionsschutz geregelt. Dementsprechend sollen die Lärmverursacher Maßnahmen ergreifen, um den auf die Menschen einwirkenden Lärm abzuwehren oder zumindest zu mindern. Hiervon sind häufig Bauarbeiten betroffen, die innerhalb einer Wohngegend durchgeführt werden.
- Duldungspflicht: Eine Duldungspflicht seitens der Mieter besteht bei Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten, welche zum Erhalt der Wohnimmobilie beitragen und durch den Vermieter verursacht werden. Die Duldung muss dabei an Werktagen zwischen sieben und 22 Uhr erfolgen.
- Baumaßnahmen eines Mieters: Wenn ein Mieter selbst werterhaltende Bauarbeiten in seiner Wohnung vornehmen möchte, gelten hier die in der Hausordnung vereinbarten Ruhezeiten.
Baulärm, welcher an Sonn- und Feiertagen erzeugt wird, gilt als Ordnungswidrigkeit und kann geahndet werden. Hierbei ist es unerheblich, ob die Arbeiten innerhalb der eigenen Immobilie oder außerhalb dieser stattfinden.
Was gilt hinsichtlich einer Mietminderung wegen Baulärm?
Wichtig für Vermieter: Bauarbeiten im oder am Haus müssen den Mietern immer rechtzeitig angekündigt werden. Der Gesetzgeber hat hierfür eine dreimonatige Frist eingeräumt. Dadurch sollen sich Mieter auf die mit den Arbeiten verbundenen Unannehmlichkeiten einstellen. Hier haben Vermieter folglich eine Informationspflicht gegenüber ihren Mietern.
Wurden geplante Umbau- oder Sanierungsarbeiten im oder am Haus bereits beim Unterzeichnen des Mietvertrags angezeigt und der Mieter darüber informiert, besteht in der Regel kein Anspruch auf eine Mietminderung. Gleiches gilt, wenn sich beim Einzug eine Baustelle in der unmittelbaren Nachbarschaft befindet oder der Mieter in einen Neubau zieht, wo mit Bauarbeiten gerechnet werden muss.
Eine energetische Sanierung gemäß § 536 Absatz 1 a BGB mindert den Energieverbrauch und bedeutet eine Wertsteigerung sowie spätere Vorteile für die Mieter. Aus diesem Grund dürfen Mieter hier für die ersten drei Monate der Arbeiten keine Mietminderung wegen Baulärm in Anspruch nehmen.
BGH-Urteil: Keine Mietminderung bei Baulärm in der Nachbarschaft
In seinem Grundsatzurteil vom 29. April 2020 (Az.: VIII ZR 31/18) setzte sich der BGH damit auseinander, wann Baulärm nebenan eine Beeinträchtigung für die Betroffenen darstellt und was dabei von Mietern und Vermietern zu beachten ist.
Eine Mietminderung kann regelmäßig nur dann erfolgen, wenn die Wohnung als Mietsache einen Mangel aufweist. Eine Baustelle in der Nachbarschaft stellt zunächst keinen Mangel dar, denn die Wohnung kann nach wie vor zu Wohnzwecken genutzt werden. Der Gebrauchszweck kann allerdings davon betroffen sein, wenn zum Beispiel eine Diskothek im Wohnumfeld errichtet wird und der Mieter nachts schlechter schläft.
Die Verkehrsanschauung besagt gleichzeitig, dass nicht jede nachteilige Veränderung des Umfelds, die sich nach Einzug entwickelt, als Mangel angesehen werden kann. Das Wohnumfeld verändert sich und hierbei ist entscheidend, ob der Mieter bestimmte Eigenschaften der Umgebung als unveränderlich ansehen darf oder eben mit Veränderungen zu rechnen ist. In einem beliebten Stadtteil kann beispielsweise beim Einzug neben einer Baulücke nicht damit gerechnet werden, dass hier niemals gebaut wird. Vielmehr müssen die Mieter davon ausgehen, dass auch diese Lücke im Laufe der Zeit geschlossen wird.
Das Grundsatzurteil des BGH zum Thema Baulärm besagt außerdem, dass eine erhöhte Belästigung durch Lärm und Schmutz nach Abschluss des Mietvertrags auch auf einem benachbarten Grundstück keine Mietminderung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch begründet. Die Voraussetzung ist, dass der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- sowie Entschädigungsmöglichkeiten hinnehmen muss.
Jegliche Veränderungen des Wohnumfeldes, auf die der Vermieter keinen Einfluss hat, müssen folglich vom Mieter hingenommen werden. Der Vermieter kann nämlich nicht für Störungen der Umwelt einstehen, welche er weder verhindern noch verändern kann.
Wann kann eine Mietminderung erfolgen?
Für eine erfolgreiche Durchsetzung einer Mietminderung müssen einige Voraussetzungen gegeben sein. Der betroffene Mieter muss beweisen, dass der Baulärm zu einer Beeinträchtigung seiner Wohnung führt. Ein wesentlicher Mangel besteht dann, wenn eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung unmittelbar vorliegt. Hierbei muss beispielsweise eine Überschreitung bestimmter Grenz- und Richtwerte nach § 906 Absatz 1 BGB vorliegen.
Der Vermieter wiederum kann bei erfolgter Forderung nach Mietminderung durch den Mieter die Unwesentlichkeit der Lärmstörung darlegen und beweisen. Wenn dies nicht möglich ist, kann bewiesen werden, dass die Nutzung des Nachbargrundstücks ortsüblich ist und die Lärmbeeinträchtigung nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann. Wenn auch dieser Nachweis nicht gelingt, darf der Mieter eine Mietminderung verlangen.
Empfehlungen für Vermieter und Mieter
Nach dem BGH-Urteil gibt es nun zwar endlich eine konkrete Grundlage für begründete Mietminderungen bei Baulärm. Es wird jedoch betont, dass es sich bei dem Lärm um eine erhebliche Minderung der Mietsachentauglichkeit handeln muss. Hier entscheidet regelmäßig der Einzelfall.
Vermieter dürfen sich nun aber nicht einfach zurücklehnen, wenn in der Nachbarschaft gebaut wird. Hier sollte geprüft werden, ob gegenüber den bauenden Nachbarn ein Unterlassungsanspruch besteht – oder mindestens ein monetärer Ausgleich.