Glossar

Gründerjahre

Das Wort Gründerjahre wird oft für die Gründerzeit benutzt. Diese begann in Deutschland und Österreich-Ungarn gegen Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Anfang der Industrialisierung und endete im Jahr 1873 mit dem sogenannten Gründerkrach. Dabei handelte es sich um einen Börsenkrach, also um einen radikalen Kurseinbrach an der Börse, der auf eine Konjunkturüberhitzung folgte. Diese resultierte unter anderem aus spekulativen Firmengründungen und der Überakkumulation von Kapital.

Entstehung der Mietskasernen in der Gründerzeit

Der wirtschaftliche Aufschwung der Gründerzeit regte vor allem in den Städten eine rege Bauphase an. Immer mehr Menschen strömten zum Arbeiten in die Ballungsgebiete, sodass schnell zusätzlicher Wohnraum benötigt wurde. Teilweise sahen die Entwicklungs- und Bebauungspläne eine sehr enge Bebauung vor und es entstanden die sogenannten Mietskasernen.

Hobrecht-Plan und Berliner Mietskasernen

Ein Beispiel ist der Hobrecht-Plan von James Hobrecht, der als Bebauungsplan unter anderem die Bebauung von Berlin, der damals noch eigenständigen Stadt Charlottenburg sowie umliegender Gemeinden regelte. Kritiker sehen in Hobrecht den Hauptverantwortlichen für die Entstehung der Mietskasernen der Gründerzeit. In neuerer Zeit wird allerdings auch die Bedeutung seiner Pläne für die Stadtentwicklung anerkannt.

Der Plan sah unter anderem bürgerliche Wohnhäuser vor, in deren Innenhöfen Wohnungen für Arbeiter sowie Werkstätten entstehen sollten. Vorschriften für das Bauen wurden allerdings nicht geregelt. Die Folge waren spekulative Geschäfte mit Bauland und Immobilien sowie eine dichte Bebauung mit oft mehreren Hinter- und Seitenhäusern. Um den alten Stadtkern Berlins herum kann man viele dieser Gebäude noch heute sehen. Der sogenannte Wilhelminische Ring, zu dem unter anderem Teile der Berliner Ortsteile Wedding, Charlottenburg, Neukölln, Schöneberg und Kreuzberg gehören, ist geprägt durch die Mietskasernen, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden.

Typische Merkmale von Gründerzeitbauten

Stadtquartiere mit Gründerzeithäusern erfreuen sich heute großer Beliebtheit. Die dichte Bebauung wurde in vielen Fällen rückgängig gemacht und die sanierten Wohnungen zeichnen sich oft durch großzügige Raumzuschnitte, hohe Decken und eine reichhaltige Ausstattung aus, zum Beispiel mit Stuck. Typische Merkmale der Gründerzeitbauten sind zum Beispiel:

• Fassaden mit aufwändiger Gestaltung,
• große Zimmer und Wohnungen,
• große Geschosshöhen bis zu vier Meter,
• massives Mauerwerk mit Wandstärken zwischen dreißig bis neunzig Zentimeter,
• über dem Keller massive Stahlträgerdecken, oft Gewölbe oder preußische Kappendecken,
• in den Obergeschossen Holzbalkendecken,
• Einfach- oder Kastenfenster aus Holz.